Hintergrund zum Projekt
Auch wenn sie medial oft sehr stereotyp und einheitlich dargestellt werden, sind Frauen 60+ in ländlichen Regionen eine sehr vielfältige, gleichzeitig aber wenig sichtbare Gruppe. Unsichtbar gemacht wird dabei in hohem Maße die von Frauen geleistete Arbeit: So verrichten Frauen in ländlichen Regionen ein hohes Maß unbezahlter oder gering bezahlter Arbeit. Die geringe monetäre Anerkennung der von Frauen in ländlichen Regionen geleisteten Arbeit kann sich besonders in späteren Lebensphasen negativ auf unterschiedliche Lebensbereiche auswirken; etwa auf Lebensqualität, auf Pflege und Betreuung, auf soziale Beziehungen und gesellschaftliche Teilhabe. Hinzu kommen finanzielle Abhängigkeiten und/oder eine höhere Betroffenheit von Altersarmut (EU-SILC 2022), ganz besonders für jene Frauen, die nicht über familiäre oder andere soziale Netzwerke gesellschaftlich eingebunden sind. Neben der geringen finanziellen Anerkennung ist die von Frauen im ländlichen Raum geleistete Arbeit in ihrer Vielfalt kaum sichtbar und wird oft sehr stereotypisiert und vereinheitlicht.
Frauen in Salzburg sind überwiegend in den Branchen mit geringer Entlohnung wie Tourismus, Handel, unternehmensbezogene und persönliche Dienstleistungen beschäftigt. Außerdem gibt es einen hohen Anteil an Landwirt*innen: So werden knapp 40% aller Bauernhöfe Salzburgs von Frauen geführt (Grüner Bericht des Landes Salzburg für 2019-2021). Frauen in Salzburg erhalten aufgrund von Teilzeitarbeit, Erwerbsunterbrechungen und Niedriglohnbeschäftigung um 41,3% weniger Alterspension als Männer. 70% der Ausgleichszulagenbezieher*innen im Bundesland Salzburg sind weiblich. Besonders hoch ist auch das Armutsrisiko bei alleinlebenden Frauen in der Pension. Sie erreichen eine hohe Armutsgefährdungsquote von 26%, Tendenz steigend (Frauenmonitor 2023 der Salzburger Arbeiterkammer; Zahlen auf Bezirksebene nicht verfügbar).
Tradierte Geschlechterrollenbilder und die damit einhergehende Selbstverständlichkeit der Zuständigkeit von Frauen für unbezahlte Arbeit stellen gerade im ländlichen Raum – neben strukturellen Aspekten – eine besondere Hürde für die Gleichstellung der Geschlechter dar.
Gleichzeitig bringt die Gruppe der Frauen 60+ im ländlichen Raum eine Vielfalt an Lebens- und Arbeitserfahrungen sowie Wissen mit, das an jüngere Generationen weitergegeben werden kann und so eine wertvolle Ressource für generationsübergreifende Lerneffekte darstellt. So sind Frauen der Altersgruppe 60+ wichtige Role Models, die es gilt, vor den Vorhang zu holen.
Das geplante Projektvorhaben setzt somit bei zwei zentralen Bedarfen bzw. Herausforderungen an: Zum einen erfordert es eine Sichtbarmachung und Anerkennung der Vielfalt und des Wertes der geleisteten Arbeit von Frauen in ländlichen Regionen. Ganz besonders betrifft dies die Gruppe der Frauen 60+, die in hohem Maße von den negativen Folgen geringer finanzieller Anerkennung der in ihrem Leben geleisteten Arbeit betroffen sind. Zum anderen braucht es Orte des intergenerationalen Austausches, um die vielfältigen Lebenserfahrungen der älteren Frauen zum Abbau von traditionellen Geschlechterrollen in ländlichen Regionen und zur Förderung einer selbstbestimmt(er)en Lebensweise jüngerer Frauen zu nutzen.
Themen, die dabei für den ländlichen Raum eine besondere Rolle spielen, betreffen etwa Fragen der Mobilität, die Arbeit in Familienbetrieben, Erwerbsmöglichkeiten, (Weiter-)Bildungsmöglichkeiten, Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und zu pflegende Angehörige, Beratungseinrichtungen, medizinische Versorgung oder auch freiwilliges Engagement in Vereinen.